Zustand der Waldverjüngung im Amtsbereich
Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2024
Die Bayerische Forstverwaltung erstellt alle drei Jahre für die rund 750 bayerischen Hegegemeinschaften Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung (kurz auch Vegetationsgutachten genannt).
In den Gutachten äußert sich die Forstbehörde zum Zustand der Waldverjüngung und ihrer Beeinflussung durch Schalenwildverbiss und Fegeschäden. Sie beurteilen die Verbisssituation der jungen Waldbäume in der nachwachsenden Waldgeneration durch Schalenwild und deren Einfluss auf die Entwicklung der unterschiedlichen Baumarten.
Allgemeine Informationen zu den Forstlichen Gutachten 2024
Auf den Seiten des Staatsministeriums finden Sie alle wichtigen Informationen rund um die Forstlichen Gutachten in Bayern.
Es werden Informationen zu folgenden Themen zur Verfügung gestellt: Hintergründe zu den Forstlichen Gutachten, Arbeitsanweisungen zur Vegetationsaufnahme, Wissenswertes zu den Revierweisen Aussagen sowie die bayernweiten Ergebnisse der aktuellen Erhebung 2024.
Forstliche Gutachten 2024 im Amtsbereich
Wie steht es um die „Ersatzbank“ des Waldes?
Die Wälder in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land stehen vor großen Herausforderungen. Wie das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Traunstein im Rahmen des aktuellen Forstlichen Gutachtens 2024 feststellt, hat sich die Verbisssituation im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2021 verschlechtert. Insbesondere in den Bergwäldern der Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen wird der hohe Wildverbiss zunehmend problematisch. Für einige Schutz- und Bergwälder der Region schlägt die Behörde Alarm.
„Die Verjüngung unserer Wälder lässt sich gut mit der Ersatzbank einer Fußballmannschaft vergleichen“, erklärt Tassilo Heller, stellvertretender Bereichsleiter Forsten am AELF Traunstein. „Eine starke Ersatzbank zeichnet sich durch zwei Dinge aus: Es müssen genügend Spieler zur Verfügung stehen, und jede Position sollte optimal besetzt sein.“ Die jungen Bäume, die „Verjüngung“ des Waldes, bilden diese Ersatzbank. Wenn ältere Waldbestände durch Stürme, Borkenkäfer oder aufgrund ihres Alters ausfallen, ist es entscheidend, dass die „Ersatzspieler“ bereitstehen, um deren Rolle zu übernehmen.
Die Wälder in unserer Region stehen leider immer häufiger unter diesem Druck: Klimawandelbedingte Ereignisse wie heftigere Stürme, häufigerer Schneebruch und die massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern setzen unseren Waldbeständen teilweise erheblich zu. „Unsere Ersatzbank wird immer häufiger benötigt“, so Heller. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die derzeitige Verjüngung vielerorts nicht ausreichend ist – weder in der Menge noch in der Vielfalt. Besonders Baumarten wie Tannen, Buchen, Ahorne und Eichen, die besser an den Klimawandel angepasst sind, sollten verstärkt in den Wäldern vertreten sein.
Alle drei Jahre erstellt die Bayerische Forstverwaltung das „Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung“, auch „Vegetationsgutachten“ genannt. In diesen Gutachten wird untersucht, wie stark die Verjüngung des Waldes durch Wildverbiss – insbesondere durch Reh-, Rot- und Gamswild – beeinträchtigt wird. Das Gutachten liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie gut unsere nächste Waldgeneration gedeihen kann.
Im Jahr 2024 wurden für die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land insgesamt 257 „Revierweise Aussagen“ erstellt, also für jedes Jagdrevier ein eigenes Gutachten. Diese revierweisen Aussagen ermöglichen es jeder Jagdgenossenschaft ihre „individuelle Situation auf ihrer Ersatzbank“ zu beurteilen. Die Ergebnisse sind je-doch teilweise besorgniserregend: Die Verbisssituation hat sich im Vergleich zu 2021 verschlechtert. In 30 % der untersuchten Jagdre-viere in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land wird die Verbisssituation als kritisch bis alarmierend eingestuft – ein An-stieg gegenüber den 23 % an Jagdrevieren im Jahr 2021 mit „zu hoher“ Verbissbelastung. Vor allem in unseren Berg- und Schutzwäldern fehlt es zunehmend an gesunder und ausreichender Verjüngung. Das gefährdet nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Schutzfunktion dieser Wälder, die für die Stabilität von Hängen und den Schutz vor Lawinen, Muren und Hochwassern entscheidend sind. Gleichzeitig darf jedoch auch ein Lob an die Verantwortlichen der 179 (= 70 %) Jagdreviere mit „tragbaren“ und „günstigen“ Ergebnissen ausgesprochen werden. „Diese Reviere beweisen, dass eine tragbare und günstige Verbisssituation absolut möglich ist“, so Heller. Den Jägerinnen und Jägern, sowie Jagdvorständen und Waldbesitzenden dort gebührt große Anerkennung für ihr Engagement und ihre Leistungen im und für den Wald.
„Das Gute an unseren Wäldern ist, dass wir keine teuren Spieler aus anderen Vereinen und anderen Ligen verpflichten müssen. Die besten Ersatzspieler wachsen in unseren Wäldern kostenlos“, betont Heller. Damit diese Chance genutzt werden kann, ruft das AELF Traun-stein alle Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, Jagdvorstände und Jäger zum Dialog auf. „Es ist wichtig, die Herausforderungen vor Ort zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten“. Der Bereich Forsten am AELF Traunstein bietet daher gemeinsame Waldbegänge an, um die Situation direkt vor Ort zu diskutieren und Wege für eine nachhaltige Waldentwicklung zu finden. Ziel ist es, die Verjüngung durch Maßnahmen wie angepasste Schalenwildbestände und eine verstärkte Förderung standortgerechter Mischbaumarten zu sichern. Nur so kann die „Ersatzbank“ des Waldes langfristig gestärkt werden – und mit ihr die Zukunft unserer Wälder.
Ergebnisse in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land
Der Bereich Forsten des AELF Traunstein hat im Jahr 2024 die Forstlichen Gutachten für die 4 Hegegemeinschaften mit 55 Jagdrevieren im Landkreis Berchtesgadener Land und für die 13 Hegegemeinschaften mit 202 Jagdrevieren im Landkreis Traunstein angefertigt. Die Inventuraufnahmen für die Hegegemeinschaftsgutachten starteten im Februar 2024 und wurden Anfang Juni 2024 abgeschlossen. Gleichzeitig erfolgte die Finalisierung der insgesamt 257 ergänzenden revierweisen Aussagen. Wie bereits seit 2006, wurden für alle Jagdrevier in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land ergänzende revierweise Aussagen gefertigt.
Ergebnisse Landkreis Berchtesgadener Land
In 34,5 % der Jagdreviere im Landkreis Berchtesgaden Land konnten die Förster den Wildverbiss als „tragbar“ bewerten, in 14,5 Prozent sogar als „günstig“. Damit hat der Anteil der Reviere, in denen junge Mischwälder im Wesentlichen ohne aufwändigen Schutz aufwachsen können, gegenüber den letzten Gutachten vor drei Jahren um 18 Prozentpunkte auf knapp 50 Prozent abgenommen! Der 2021 festgestellte, positive Trend, hat sich 2024 leider nicht verstetigt. In den südlichen Gebirgsrevieren besteht noch teilweise sehr großer Handlungsbedarf. In den „Gebirgs-Hegegemeinschaften“ „Berchtesgadener Täler“ und „Saalach- und Stoißerachental“ weisen 25 der insgesamt 31 Reviere eine zu hohe Verbissbelastung auf.
Ergebnisse Landkreis Traunstein
In 59,4 % der 202 Jagdreviere im Landkreis Traunstein konnten die Förster den Wildverbiss als „tragbar“ bewerten, in 15,8 Prozent sogar als „günstig“. Damit hat der Anteil der Reviere, in denen junge Mischwälder im Wesentlichen ohne aufwändigen Schutz aufwachsen können, gegenüber den letzten Gutachten vor drei Jahren leicht um vier Prozentpunkte auf knapp 75 % abgenommen. In etwa 25 % der Jagdreviere (50 Reviere) im Landkreis Traunstein ist die Verbissbelastung noch zu hoch. Vor allem in den Jagdrevieren in den Chiemgauer Alpen hat sich eine Verschlechterung der Verbisssituation offenbart. Eine Änderung dieser unbefriedigenden Situation ist angesichts des Klimawandels und der damit einhergehenden Waldumbaudringlichkeit zwingend erforderlich.
- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 145 - Traunstein
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 146 - Trauntal
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 147 - Oberes Alztal
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 148 - Seeoner Seen
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 149 - Schnaitsee
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 150 - Unteres Alztal
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 151 - Palling
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 152 - Salzach Nord
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 153 - Salzach Süd
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 154 - Waginger See
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 155 - Oberes Achental
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 156 - Traunberge
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- Forstliches Gutachten 2024 - Hegegemeinschaft 157 - Unteres Achental
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714 Aufnahmepunkte wurde bei der Erhebung aufgenommen
Die Revierleiterinnen und Revierleiter erfassten von Februar bis Juni 2024 im Rahmen der statistischen Verbissinventur in den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land insgesamt 714 Aufnahmepunkte. 35 Aufnahmepunkte innerhalb des Nationalparks Berchtesgaden wurden vom dortigen Personal bearbeitet. Dabei wurden die jungen Bäumchen in insgesamt drei Höhenstufen nach festgelegten Parametern wie Baumart, Leittriebverbiss, Seitentriebverbiss sowie Schutzvorrichtungen (Einzelschutz und Flächenschutz) begutachtet und erfasst. Der letzte Inventurpunkt auf der Reiteralm konnte wegen der Schneelage erst Anfang Juni aufgenommen werden. Die angebotenen Termine zur gemeinsamen Aufnahme im Wald wurden sowohl von den Waldeigentümern als auch von der Jägerschaft rege und sehr konstruktiv wahrgenommen und begleitet.
Ergänzende Revierweise Aussage
Neben der statistischen Auswertung wurden auch 2024, zum siebten Mal in Folge (seit 2006),-- für jedes der 257 Jagdreviere eine „Ergänzende Revierweise Aussage“ erstellt. Diese revierweisen Aussagen haben sich mit ihren konkreten ortsbezogenen Informationen über den Wildeinfluss als wesentliche Entscheidungsgrundlage für die beteiligten Jagdgenossen und Jäger zur sachgerechten Abschussplanung sehr bewährt. Heuer finden sich für die nichtstaatlichen Jagdreviere (= „Privatjagden“) sogenannte „Anbaurisikokarten“. Diese Anbaurisikokarten bieten wertvolle Informationen für Jagdgenossen und Revierinhaber. Die Waldbesitzenden können mit diesen Informationen fundierte Entscheidungen über den Anbau verschiedener Baumarten im jeweiligen Jagdrevier treffen. Die Anbaurisikokarten zeigen, an welchen Standorten bestimmte Baumarten in Zukunft möglicherweise klimabedingte Risiken (Trockenheit, Nässe, Borkenkäfer, etc.) ausgesetzt sein werden. Das Anbaurisiko auf diesen Karten wird in den Farben dunkelgrün (= sehr geringes Anbaurisiko) bis dunkelrot (= sehr hohes Anbaurisiko) gestaffelt dargestellt. Sowohl die statistischen Ergebnisse der systematischen Verbissinventur, als auch die qualitative und quantitative Auswertung der Ergänzenden Revierweisen Aussagen lassen für die Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land im Vergleich zu 2024 einen negativen Trend erkennen. Insgesamt wurden 2024 in rund 70 % aller Jagdreviere der Verbiss als „tragbar“ oder gar „günstig“ bewertet werden. Dies stellt eine Verschlechterung um und sieben Prozentpunkte gegenüber dem letzten Forstlichen Gutachten im Jahr 2021 dar. Vor allem in den Bergrevieren der Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land wurde eine Verschlechterung der Verbisssituation festgestellt.
Gemeinsam im Wald über den Wald reden
Die Erstellung der Forstlichen Gutachten zur Waldverjüngung, insbesondere die Erstellung der ergänzenden revierweisen Aussagen, bringt für die Kolleginnen und Kollegen im Bereich Forsten am AELF Traunstein einen erheblichen Mehraufwand mit sich. Dieser zahlt sich jedoch langfristig aus: Die neutrale Bewertung des Wildeinflusses auf die Waldverjüngung hat entscheidend dazu beigetragen, die Wald-Wild-Diskussion zu versachlichen, sachgerechtere Abschusspläne zu entwickeln und die Zusammenarbeit der Beteiligten vor Ort zu verbessern. Wesentlich dazu tragen auch die zahlreichen Waldbegänge bei, bei denen unsere Forstrevierleiter den Waldbesitzern und Jagdverantwortlichen die ergänzenden revierweisen Aussagen vorstellen und anhand konkreter Beispiele im Wald erläutern. Letztlich erhöhen sich dadurch auch die Chancen, widerstandsfähige Mischwälder aufzubauen, die dem Klimawandel besser standhalten können.
Weitere Informationen zu den Forstlichen Gutachten